Lese-Ansicht

Von der Seifenkiste herab: [Adventskalender 9] Der unmögliche Baum (Midgard 6 Playtest-Runde)

Gestern konnte ich bei Orkenspalter TV in einer gestreamten Runde Midgard 6 austesten. Wie steht es um das Reboot des ältesten originär deutschsprachigen Rollenspielsystems?

Die Runde wurde geleitet von Chefredakteur Michael Masberg und mit mir spielten Mháire, Roxane und Eevie. Aktuell ist das Ganze noch auf Twitch zu sehen, ich bin aber sicher, dass die Beiträge zur Conspiracy auch auf Youtube landen werden.

Ich habe den zwergischen Waldläufer Aart Kluckenstein gewählt und da er eine besondere Beziehung zu Bier hat, habe ich direkt eine kleine Biertabelle gebastelt, die aber im Verlaufe des Spiels kaum zum Tragen kam.

Apropos Beziehungen – bei den vorgefertigten Charakteren gefiel mir sehr gut, dass sie schon alle untereinander Beziehungen hatten und ich zu allen ein kurzes Schlagwort zur Verfügung hatte – Pawina musste ich beschützen, Gelirka hatte mein vollstes Vertrauen und Amel-Issu war okay, aber etwas nervig. Damit kann ich arbeiten.

Systemisch ist das neue System recht „modern-klassisch“ – ich werfe in eigentlich allen Situationen einen W20 (eventuell mit Vorteil oder Nachteil), zähle einen Modifikator hinzu und muss als Zielwert 20 erreichen, oder sogar 30 für einen besonders krassen Erfolg. Eine 1 ist ein katastrophaler Fehlschlag. Dazu kann ich nun Gummipunkte („Schicksalsmünzen“) reinbuttern, um einen katastrophalen Fehlschlag zu einem normalen zu machen, einen Fehlschlag in einen bedingten Erfolg zu verwandeln oder einfach einen Würfel neu würfeln. So klar, so einfach und das gilt für alle Bereiche des Spiels, inklusive des Kampfes.

Dazu kommen noch ein paar Makel und Günste, die sowohl regeltechnisch als auch vom Spiel her Einfluss nehmen. Elegant und einfach. Das wälzt nicht die Rollenspielwelt komplett um, aber es ist solide, eingängig und hat noch ein paar schöne kleine Zusatzelemente, die sich einfach gut wegspielen.

Im Gegensatz zu anderen Systemen, die mit einem W20 hantieren, gibt es hier keine Attribute, sondern direkt in Gruppen gebündelte Fertigkeiten (ich habe da nicht die Begriffe für vorliegen, würde aber tippen, dass es ganz grob Kampf, Körper, Bücherwissen, Soziales und Magie sind).

Ein paar Midgard-Relikte finden sich aber noch, beispielsweise eine Einteilung in AP und LP, die ich im Kampf oder durch anstrengende Aktionen getrennt voneinander verlieren kann.

Tiefere Einblicke habe ich noch nicht in das System gewonnen; so kann ich nicht sagen, wie es mit der der Charakterprogression läuft oder wie verlorene Punkte zurückgewonnen werden.

Die Hintergrundwelt scheint auch einen ordentlichen Kataklysmus erlebt zu haben – aber ich glaube, wir hatten es hier einfach nur mit einem anderen Kontinent der Welt zu tun, oder, Michael?

Was mir aus den Hintergrundbeschreibungen im Kopf geblieben ist, sind die verschiedenen Sichtweisen auf den Mond, der hier eine wichtige Rolle zu spielen scheint, der Mondthron, die abgefahrene auf Zacken erbaute Stadt Inbul und die Slums, in denen wir uns im Verlauf des Abenteuers bewegt haben. Hörte sich interessant an und es ist gut zu sehen/hören, dass die Macher*innen der Welt sich richtig austoben konnten und das auch mit Freude getan haben.

Zum eigentlichen Abenteuer möchte ich nicht viel spoilern, da es sein kann, dass es noch in Print-Form erscheint, aber es sei gesagt, dass ich einen Hauch CSI Inbul und eine Prise Kneipenschlägerei abgeschmeckt mit einem Fitzelchen Gewissensentscheidung aus der Abenteuersuppe (nicht böse gemeint – es geht nur ums Bild) herausgeschmeckt habe.

FAZIT

Ich hatte Spaß in der Spielrunde, aber das ist ja bei gut aufgelegten SL und Mitspieler*innen immer so – aber auch das System fand ich angenehm eingängig, aber nicht zu einfach und die Hintergrundwelt interessant und mit zahlreichen Konflikten gewürzt. Es bleibt mit nur dem neuen Midgard viel Erfolg zu wünschen – ich hoffe, es kann sich sowohl bei neuen Interessierten durchsetzen, als auch ein paar der alten Midgard-Haudegen einfangen. Bin wirklich sehr gespannt wie dieser Spagat gelingen wird.

Irgendwie muss es der Redaktion gelingen, den Newbies zu erklären, weshalb sie unbedingt Midgard benötigen und den alten Säcken beizubiegen, weshalb Midgard immer noch Midgard ist. Ich drücke die Daumen.

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Von der Seifenkiste herab: [Rezension] Katastrophen (Cthulhu – Pegasus)

Was wäre ein Adventskalender ohne Rezi? Ich hab mir von Pegasus Spiele den Cthulhu-Band Katastrophen schicken lassen – mal sehen, ob er was taugt oder eher selber eine Katastrophe ist.

Und frohen zweiten Advent euch allen.

  • ProduktKatastrophen
  • Redaktion: Heiko Gill
  • Illustrationen: Julia Erdmann, Heiko Gill
  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Aufmachung: A4 Hardcover, 160 Seiten
  • Erscheinungsjahr: August 2024
  • Preis: 29,95 Euro
  • ISBN: 978-3-969281-291

Gestaltung

Was soll ich sagen? Ein Cthulhu-Hardcover von Pegasus halt. Das ist immer okay. Ich zeige euch einfach mal zwei Abschnitte und ihr wisst, was ich meine. Wir beginnen mit einem Shakespeare-Original-Text – ihr glaubt gar nicht, was da im Laufe der Jahre und in der Übersetzung verloren gegangen ist. 😉

Nicht nur Shakespeare habe ich im Studium immer völlig falsch gelesen – auch Dorian Grey ist nicht der, für den ich ihn die letzten 30 Jahre gehalten habe…

Im Fall dieses Bandes ist das Cover allerdings sehr positiv hervorzuheben. Sowohl die Stadt als auch der Doppeldecker tun mir echt leid, so wie die mit Feuerbällen (Meteoriten?) beharkt werden. Das kann einfach kein gutes Ende nehmen.

Der Inhalt

Daran, dass Heiko Gill für die Bandregie verantwortlich ist, erkennt ihr schon, dass es sich um eine deutsche Cthulhu-Produktion handeln muss. Und das Thema Katastrophen sollte ja genau das Richtige für uns Leute aus dem Land der Dichter, Denker und Prepper sein.

Die ersten 20 Seiten philosophieren über die Katastrophe an sich sowie die Katastrophe in Verbindung mit dem Cthulhu-Mythos. Mich inspirieren hier ganz besonders die Abschnitte zu den „real existierenden“ Katastrophen von der Eiszeit in Hyperborea 750000 v. Chr. und dem Tsunami von 2004 sowie die Baukästen, um eigene cthuloide Katastrophen ausbrechen zu lassen. Aber dabei endet es noch nicht, selbst das Reisen durch zerstörte Gebiete findet etwas Platz im Buch.

Danach folgen fünf Abenteuer:

  • Der Ruf des Legrasse von Andreas Osterroth. Die Investigator*innen finden sich 1928 inmitten einer Flut in New Orleans wieder. Voodooooooo!
  • Unter Tage von René Feldvoß. Es gibt 1921 Probleme auf dem Gelände eines Stickstoffwerkes in Ludwigshafen. Ja, die BASF war immer für große und kleine Skandälchen gut.
  • Zuckersüßer Tod von Dominik Hladek. Oh. Einer meiner liebsten DSA-Autor*innen schickt die Gruppe im Jahr 1920 nach Boston und lässt einfach ein MElassefass explodieren. 3… 2… 1… und gute Nacht!
  • Todesnebel von Phineas Bach. Ihr erinnert euch oben an den Dorian Grey-Abschnitt? Der gehört zu diesem Abenteuer, wo die Investigator*innen im London des Jahres 1924 im Trevelyan Theater in eine arge Bredouille geraten. Schick. Hier kann der Roman von Oscar Wilde ein für allemal beendet werden.
  • Feuer und Asche von Stefan Moriße und Heiko Gill. Berkeley wird von Mythos-Kreaturen überrannt und nur die Gruppe kann sie aufhalten. Ich sag es mal so – Erich von Däniken hätte seine Freude an diesem Abenteuer.

Sorry, Heiko und Dominik. Ich finde alle Abenteuer in diesem Band wirklich stark, aber Phineas Bach dreht euch hier eine lange Nase und sein Abenteuer gefällt mir von Thematik (okay, als alter Anglist) und Ausarbeitung her am besten. Ich bin gerade ohnehin auf der Suche nach einem Abenteuer für meine Cthulhu-Gruppe – vielleicht dürfen sie sich auf den Spuren der deutschen Edgar Wallace-Filme in den Todesnebel begeben.

Fazit

Ein ausgezeichneter Cthulhu-Band, den ich euch einfach ans Herz legen muss. Sowohl der theoretische Unterbau als auch die Abenteuer sind ausgesprochen stark. Ihr müsst bei allen Abenteuern ein wenig Vorarbeit leisten und euch in die jeweilige Thematik, in die Orte und die Personen einlesen, um gut vorbereitet zu sein – aber das ist ja bei Cthulhu-Abenteuern zumeist so, dass sie nicht locker „vom Blatt“ geleitet werden können.

Ganz ehrlich. Ich finde hier wirklich keine Schwächen. Sorry.

Bewertung

4,75 von 5 Tsunamis

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Teilzeithelden: Von besinnlich bis blutig – Pen-and-Paper-Geschenke für Weihnachten 2024

Rollenspieler*innen sind vermeintlich schwer zu beschenken: Im Lieblingssystem ist jedes Crowdfunding sofort unterstützt und dem geübten Blick der Profis entgeht keine Sonderausgabe. Würfel gehen natürlich immer, aber wie jedes Jahr empfiehlt die Pen-and-Paper-Redaktion ganz persönlich Produkte, die gute Geschenke sein könnten. Eine kleine Inspiration für die besinnlichste Zeit des Jahres.

Dieser Beitrag wurde von Norbert Schlüter geschrieben

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Dieser Beitrag wurde von Norbert Schlüter geschrieben

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